Es soll Briefe geben, die kommen nach 20 Jahren beim Empfänger an. Jetzt ist in deutschen Buchhandlungen eine Lektüre zu haben, die ganze 72 Jahre auf ihre Veröffentlichung warten musste. Das ist nicht weniger als ein durchschnittliches Lebensalter eines Mitteleuropäers. Erzählt wird die Geschichte eines deutschen Kinobetreibers in den 20er und 30er Jahren. Doch was ist so brisant an diesem Büchlein? Das Werk beschreibt die autobiografischen Erlebnisse des Hanns Brodnitz in beindruckender Weise. Bereits Anfang 1933 war es fertiggestellt und bereit zum Drucken. Unter den Titel "Kino intim" sollte es erscheinen. Wohl gemerkt: Es geht nicht um Anrüchiges, um Unzüchtiges oder gar Pornografisches. Brodnitz war niemand geringeres als Deutschlands bedeutenster Kinomanager des damlas noch recht jungen Mediums. Als er wenige Wochen vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten die Druckfahnen von seinem Verleger erhielt, war das Verbot des Buches bereits abzusehen. Der Autor war nicht nur Jude, er hatte den braunen Machthabern bereits 3 Jahre zuvor im Jahr 1930 in die Suppe gespuckt. Die rächten sich nun. Was hatte Brodnitz getan? Nach der deutschen Kino-Premiere des Films "Im Westen nichst Neues" hatten Nationalsozialisten im Dezember 1930 Tummulte in den Berliner Kinos ausgelöst, die eine Weiteraufführung des Films nicht nur stören sondern stoppen sollten. Unter anderem ließ man in den Kinos von Brodnitz hunderte weiße Mäuse frei um die Kinobesucher zu vergraulen. Hanns Brodnitz wehrte sich tapfer, er brachte den Film weiter in seinen Kinos. Der Film selbst kam zunächst durch die Zensur. Wurde aber aufgrund der "Bemühungen" rechter Einflußkreise dann doch verboten. Schließlich trieben ihn die Umstände um diesen Film in den fianziellen Ruin. 1944 kam er in Auschwitz ums Leben. Sein Buch hat überlebt. Ein Sammler erstand die Druckfahnen Anfang der 90er Jahre und übergab Sie an das Berliner Filmmuseum. Was unter Hitler nicht erscheinen durfte und dann Jahrzehnte verschollen war, kann nun in vollen Zügen genossen werden. Und wer weiß, vielleicht wird die Geschichte des Hanns Brodnitz ja mal verfilmt und in seinem ersten Kino, das heute noch steht, eines Tages uraufgeführt ohne Zensur und ohne Verbote.
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