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20. März 2006

Der Bürgermeister wird kriminell

Es ist schon unangenehm, wenn man sich als Bösewicht in einem Kriminalroman wiederfindet. Ok, es ist sicher ehrabschneidend, wenn das Kind beim Namen genannt wird, doch wenn ein Autor eines Krimis geschickt die Machenschaften eines realen Politikers ohne ihn genau zu benennen in sein Werk einarbeitet, dann sollte man der ganzen Sache doch den Freifahrtsschein geben. Nicht so der Düsseldorfer Oberbürgermeister. Er wurde jüngst in eine Krimi-Erzählung mit realem Hintergrund "eingebaut". Wahre Begebenheiten beim Bau und Betrieb der neuen LTU-Arena in Düsseldorf gaben den Anstoß zu einer Farce mit schwarzhumoriger Pointe.

Als "Akt von Zensur" haben Deutschlands Krimiautoren dann auch gleich am Freitag die von der Stadt Düsseldorf veranlasste Absage der Lesung der erwähnten Kriminalgeschichte in der dortigen Stadtbücherei kritisiert. Die fiktive Krimi-Story enthält demnach kritische Anspielungen auf den Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU). Dessen Kunstverständnis werde deutlich, wenn er die Geschichte des mehrfach preisgekrönten Autors Horst Eckert "öffentlich als ,parasitäres Geschreibsel´ bezeichnet", erklärte ein Sprecher des Syndikats, der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren. Ein Sprecher der Stadt bestätigte, bei der Stadtbücherei dafür gesorgt zu haben, dass die Lesung abgesetzt wurde. Der Krimi-Autor und Glauser-Preisträger Horst Eckert hatte am 30. März dort aus seinem neuen Werk lesen wollen. Der 46-jährige Autor will jetzt damit auf die Bühne eines privaten Kabaretts in Düsseldorf ausweichen. In dem Fußballkrimi "Wege zum Ruhm" steckt der fiktive Oberbürgermeister Kroll wegen Machenschaften um eine neue Sportarena in der Klemme. Es kommt schließlich zu einer blutigen Eskalation. Das reale Oberhaupt der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt war wegen der neuen, millionenteuren und defizitären Düsseldorfer Sportarena massiv unter Beschuss geraten.