zensur-blog.de

27. September 2006

Der Haken mit dem Hakenkreuz

Eigentlich wollten wir vor ein paar Tagen im Zusammenhang mit dem Wahlerfolg der NPD auf die Problematik verbotenen Symbolik in diesem Land hinweisen. In unserem Beitrag "Gib uns ein Zeichen" haben wir dann versucht, genauer zu erklären, warum es in unserem Land möglich ist, dass es s.g. verfassungsfeindliche Symbole gibt und wie diese überhaupt aussehen. Und siehe da, der Zensurblog ist wiedermal auf der Höhe der Zeit, denn die Sache mit dem Hakenkreuz hat an Aktualität gewonnen. Diesmal geht es aber nicht darum, dass es Rechtsradikalen verboten wird ein nationalsozialistisches Sysmbol zu zeigen, sondern auch Nazigegnern soll es untersagt werden, faschistische Zeichen in der Öffentlichkiet zur Schau zu stellen, auch wenn diese verändert sind, selbst ein durchgestrichenes Hakenkreuz, das sich gegen den Faschismus wendet.

In Stuttgart hat heute, begleitet von Solidaritätsbekundungen u.a. in Form von Plakaten vor dem Gerichtsgebäude, der Prozess gegen einen Versandhändler begonnen, dem das Verwenden und der Vertrieb von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen werden. Nein, der Mann ist kein Alt- oder Neunazi, er ist Nazigegener. Jürgen Kamm aus Winnenden in Baden-Württemberg betreibt unter der Adresse www.nix-gut.de einen kleinen Internethandel für punkige Produkte. Darunter befinden sich auch etliche symbolträchtige Artikel. Bezeichnenderweise solche, die ein verfassungsfeindliches Symbol beinhalten. Logisch! Wie anders könnte ein Antifaschist seine Antihaltung auch besser und schneller vermitteln, als durch knappgehaltene Zeichenbotschaften. Ein durchgestrichenes Hakenkreuz ist ideal dafür. Nur hat er sich damit scheinbar strafbar gemacht. Scheinbar? In einem ähnlichen Fall gegen einen Studenten, der ein durchgestrichenes Hakenkreuz trug, wurde dieser freigesprochen. Fleißige Staatsanwälte lassen aber niemals locker. So wird nun nicht mehr gegen arme Studenten sondern gegen aktive Händler vorgegangen.

Oberstaatsanwalt Bernhard Häussler sagte vor der Verhandlung: "Wir bestrafen nicht die Gesinnung, sondern die Tat." Verteidiger Thomas Fischer hingegen berief sich auf die Rechtsprechung des BGH, nach der das Verwenden von Abbildungen, die objektiv den Nationalsozialismus nicht befürworten, nicht strafbar ist. Ein juristisches Dilemma. Wahrscheinlich geht die Sache ohne größere Strafen für den Händler aus. Die Staatsanwaltschaft sieht beim Verwenden (egal auf welche Art und Weise) jedenfalls das "Gewöhnen an solche Symbole". Haben wir uns durch die vielen Dokumentationen über das "Dritte Reich" im Fernsehen, Kino in Büchern und Zeitschriften nicht schon längst an die Zeichen der Nationalsozialisten gewöhnt?

26. September 2006

Die Bombe im Kopf

Selbstzensur bezeichnet man auch gerne als die "Schere im Kopf". Doch die Verantwortlichen der Deutschen Oper in Berlin denken momentan wohl eher an eine Bombe, die ihnen um die Köpfe fliegen könnte. Ohnehin dreht sich beim folgenden Fall von Zensur viel um Köpfe. Ohne dies natürlich direkt anzusprechen hat man nämlich in der in Berlin befindlichen Deutschen Oper kurzerhand das Stück "Idomeneo" vom aktuellen Spielplan abgesetzt. Was war geschehen?

Weil im Schlußakt der Oper, deren Musik übrigens von keinem Geringeren als W.A. Mozart stammt, die abgeschlagenen Köpfe der Releigionsstifter Jesus, Buddha, Mohammed und der von Poseidon präsentiert werden, befürchten die zuständigen Macher ein unkalkulierbares Risiko, dass Fundementalislamisten sich mit einer Gewalttat an der Inszenierung rächen könnten. Kurzum: (potentiell vorhandene) fanatische Moslems stellen für die Aufführung des Werkes eine Gefahr da, da sie sich in ihren relegiösen Gefühlen durch die drastische Darstellung des abgetrennten Hauptes ihres Stifters Mohammed verletzt fühlen könnten.

Künstler und Politiker haben die ganze Sache dann auch sehr schnell als Selbstzensur der Opernleute entlarvt. Nach Ansicht der Bundestagsfraktion der CDU/CSU kommt die Entscheidung der Opernabsetzung einem "Kniefall vor Terroristen" gleich. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach warnte vor einer "Selbstzensur". Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse sieht die Kunstfreiheit in Deutschland in Gefahr. "Ich halte das für ein geradezu beklemmendes Zeichen für die Angst vor islamistisch motivierter Gewalt in Deutschland", sagte der SPD-Politiker.

Die Regierung wandte sich ebenfalls gegen Selbstzensur in der Kunst. Bernd Neumann, Kulturstaatsminister und CDU-Mitglied sagte "...wenn die Sorge vor möglichen Protesten schon zur Selbstzensur führt, dann gerät die demokratische Kultur der freien Rede in Gefahr", sagte Bernd Neumann (CDU).

Klaus Staeck (Präsident der Berliner Akademie der Künste) warnte vor "vorauseilendem Gehorsam". Der Maßstab, "es könnte ja was passieren", schränke die Kunstfreiheit unzulässig ein. Die Angst vor möglichen Reaktionen müsse schon sehr konkret sein, sagte Staeck.

23. September 2006

Gib uns ein Zeichen!

Das es verboten ist, in der Öffentlichkeit Hakenkreuze zu zeigen, weiß bestimmt jeder. Aber das es auch strafbar sein kann, gewisse Parolen zu äußern und Lieder zu singen, ist sicher noch nicht allen bekannt. Doch fangen wir mal von vorne an.

Zeitnah zum aktuellen Wahlerfolg der NPD in Mecklenburg-Vorpommern wird gerade (wiedermal) darüber nachgedacht, diese Partei zu verbieten. Nun könnte man doch meinen,
bei einer Partei wie der NPD müsste es doch leicht sein, sie zu aus dem Verkehr zu ziehen, schließlich sagen doch alle, dass es Nazis sind und die dürfen nicht so einfach ihre Parolen und Fahnen schwenken, denn Hakenkreuze & Co. sind ja (wie bereits erwähnt) in Deutschland verboten. Stimmt! Aber stimmt nicht ganz! Die NPD weiß sehr genau, was sie (offiziell) auf ihren Demos, Parteitagen und in ihren Werbeprospekten sagen und zeigen darf. Verfassungsfeindliche Symbole sind dabei tabu. Doch was sind eigentlich verbotene Symbole? Grundsätzlich darf doch jeder seine Meinung frei äußern und zeigen, welche Gesinnung er hat. Oder?

Nunja, Sprüche auf T-Shirts sind sicher die harmloseste Variante, seine Gesinnung bzw. Einstellung zur Schau zu tragen. Im Strafgesetzbuch hört der Spaß dann aber bei nationalsozialistischen Symbolen auf. In München hat ein Antikhändler dann auch brav alle Hakenkreuze auf Abzeichen, die er im Schaufenster liegen hatte, zugeklebt. Doch auch Grußformeln wie "Mit deutschem Gruß" oder "Meine Ehre heißt Treue" können strafbar sein. Begründet werden solche Verbote damit, dass man das Wiederaufleben von verfassungsfeindlichen Organisationen verhindern möchte. Wer noch genauer informiert werden möchte, welche Symbole (bspw. Hakenkreuz, Eisernes Kreuz oder Keltenkreuz) erlaubt und welche strafbar sind, sollte einen Aufsatz von Thomas Westerhoff (Oberstaatsanwalt) lesen, der informativ über dieses Thema berichtet. Der Bericht ist als PDF-Dokument hier erhällich. Darin sind auch geheime Zahlencodes und Kleidungserkennungsmarken aufgeführt, die dem rechtsextremen Umfeld zugeordnet werden.

11. September 2006

Ich will doch nur spielen!

Es ist schon krotesk, mit welcher enormen Fleißarbeit an der Zensurfront gearbeitet wird: Da ist zum einen die Bundesprüfstelle für jugend(und erwachsenen)gefährdende Medien, die nicht müde wird, Jahr für Jahr neue Medien (bzw. deren Inhalte) auf den Index zusetzen und sie damit quasi aus dem Publikumsverkehr zu ziehen. Auf der anderen Seite machen sich diverse Fleißarbeiter daran, zensorischen Eingriffe, die aufgrund von Jugendverbot und FSK-Freigabepolitik auftreten, zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Die Internetseite schnittberichte.com sei an dieser Stelle besonders zu erwähnen. Nicht zuletzt ist das Portal bereits seit 6 Jahren auf Sendung und berichtet der interssierten Gemeinde kompetent und professionell von Zensurmaßnahmen im Filmbusiness.

Die Fleißarbeit der Bundesprüfstelle erlaubt nun den Schnittberichtler zu expandieren. Nicht etwa, dass mehr und mehr Filme in gekürzten Versionen erscheinen, worüber es zu berichten gilt. Die Filmzensurwelle, die mit dem stark anwachsendem Videokassetten-Markt zu Beginn der 1980er Jahre einher ging, mündet seit einigen Jahren glücklicherweise in eine liberalere Bewertungspraxis bei der Prüfstelle. Warum also noch mehr Arbeit für schnittberichte.com? Der Grund ist einfach: Im mehr Comuter- bzw. Konsolenspiele werden Opfer der wachsamen Zensoren und immer mehr Menschen wollten darüber informiert werden, was die BPjM bzw. andere Institutionen und Firmen da eigentlich herumzensieren. Ergo: Seit heute hat die Website einen Bereich eingerichtet, der explizit über Einschnitte bei Spielen berichtet. Ach und da Fleißarbeit, wie die auf schnittberichte.com nicht nur Fleiß, sondern auch Arbeiter braucht, sollten sich interssierte Gamer spontan als Redakteure auf der Internetseite melden.

7. September 2006

Kopierschutz als Zensur-Instrument

Der Chaos Computer Club ist bekannt für Aktionen rund um das Thema Technik und Sicherheit. Während der Berliner Funkausstellung 2006, die am 6. September endete, wollte der Verein einmal mehr auf die Problematiken hinweisen, die sich aus dem Digital Rights Management ergeben. Auf netzpolitik.org ist nachzulesen, dass der CCC das Kopierschützen auch als Instrument der Zensur sieht. Dort ist zu lesen: "DRM-Infrastrukturen eigenen sich hervorragend zur Zensur. Mit denselben Systemen, die hier Deinen Medienkonsum kontrollieren wollen, können in z.B. China auf allen Rechnern die Wörter “Demokratie” oder “Dalai Lama” zensiert werden." Klingt logisch und gar nicht chaotisch.

6. September 2006

Indizierte Medien September 2006

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat ihren Index um folgende Produkte ergänzt:


INDIZIERUNGEN mit strafrechtlichem Verbreitungsverbot aus Sicht der BPJM
DVD/Video

- The Evil Dead - The Book of the Dead; Anchor Bay, Troy/USA

INDIZIERUNGEN
DVD/Video

- Chain Reaction - House of Horrors; Schröder Media, Klagenfurt/Österreich

- Flesh for the Beast (Special Uncut Version), M.I.B., Buchholz

- The Punisher (1989); Astro, Habichtswald

- Schulmädchenreport Teil 3 - Was Eltern nicht mal ahnen; Kinowelt, Leipzig (Folgeinidizierung)


INDIZIERUNGEN
Spiele

- EL Matador (GC ´06 Edition, PC-DVD-ROM); Frogster, Berlin (vorläufige Indizierung)

- State of Emergency 2 (UK-Version, PS2); South Peak Int., Midlothian/USA

- 10.000 Bullets (EU-Version, PS2); Taito Cor., Tokyo/Japan

- True Crime New York City (UK-Version, X-Box); Activision, Berkshire/GB

LISTENSTREICHUNGEN

DVD/Videofilme

- Scanners; UFA-ATB, Düsseldorf

- Scanners (engl.); Guild Home, Peterborough/GB

- Scanners 2; Ascot, Bochum

Im Rechtsstreit verlaufen

Das Werbeverbot für "bet and win" hat, wie der WDR berichtet eine Jogger in Dortmund aus seinem Laufrythmus gebracht. Die Polizei in Dortmund nimmt das Werbeverbot nämlich sehr ernst, wie ein Jogger jetzt erfahren musste. Er wurde während seines Lauftrainings von der Polizei gestoppt und auf das Werbeverbot hingewiesen. Als der Mann verdutzt nachfragte, ob er denn nackt weiterlaufen solle, ließ der Polizist Gnade vor Recht walten, machte eine Ausnahme und ließ den Jogger laufen. Eine Ausnahme sei allerdings auch das Verhalten des Beamten gewesen, so die Dortmunder Polizei am Montag. Ein Sprecher sprach von einem "bedauerlichen Einzelfall." Der Beamte habe keinen Grund gehabt, einzuschreiten. Im NRW-Innenministerium wies eine Sprecherin allerdings darauf hin, dass Wettwerbung auf privaten T-Shirts im Prinzip genauso verboten sei, wie auf Trikots von Fußballbundesligisten. Die Aufschrift bwin auf Fußballtrikots - etwa auf denen von Werder Bremen - sorgt derzeit für viel Wirbel. bwin ist die Abkürzung für den privaten Anbieter von Sportwetten bet and win - und es ist verboten, für solche Anbieter zu werben. Sagt das Bundesverfassungsgericht.